03.12.2024
Internationaler Tag der Behinderung - WZP 2024 Preisträgerin forscht zu Borderline
WZP 2024 Preisträgerin Jasmin Willinger beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Psychopharmaka und Theory of Mind bei Patient*innen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung
© Johannes Hloch
Anlässlich des Internationalen Tags der Behinderung, der jährlich am 3. Dezember begangen wird, stellen wir die diesjährige Wissenschaft Zukunft Preis Preisträgerin Jasmin Willinger und ihre prämierte Masterarbeit "Zusammenhang zwischen Psychopharmaka und Theory of Mind bei Patient*innen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung" vor.
Jasmin Willinger untersucht den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Psychopharmaka und der Theory of Mind bei Patient mit Borderline-Persönlichkeitsstörung. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass der Einsatz vieler Medikamente die Fähigkeit zur sozialen Wahrnehmung beeinträchtigen könnte, was wertvolle Erkenntnisse für die zukünftige Behandlung von BPS liefert.
Es war ein Scheinwerferlicht, das die Corona-Pandemie und ihre Nachwehen auf die psychische Gesundheit gerichtet haben. Berichtesensibilisierten die Öffentlichkeit, manches Tabu fiel, und auch auf politischer Ebene erhielt das Thema neuen Stellenwert. Auch die Niederösterreicherin Jasmin Willinger, MSc, war in dieser Zeit besonders mit der Psyche beschäftigt.
Im Juni 2021 schloss sie das Bachelorstudium der Psychologie an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften ab. Es folgte das Masterstudium Psychologie ebenfalls an der Karl Landsteiner Privatuniversität. In ihrer Abschlussarbeit fasste Willinger mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung, abgekürzt BPS, eine äußerst schwerwiegende psychische Störung ins Auge. Zu den Symptomen der „BPS“ gehören rasche Stimmungswechsel, Unsicherheit, Gefühle der Leere, Wut und Ängste, eine beeinträchtigte Impulskontrolle und ein instabiles Selbstbild. Betroffenen fällt es zudem schwer, die Emotionen und Absichten anderer Menschen richtig zu deuten. In Fachkreisen wird diese sozial-kognitive Fähigkeit Theory of Mind (ToM) genannt. Die Einschränkungen in diesem Bereich führen dazu, dass Patientinnen und Patienten mit BPS leichter in Konflikte mit anderen Menschen geraten. Soziale Kontakte sind dadurch häufig gestört, viele Betroffene haben Schwierigkeiten, stabile Beziehungen aufzubauen. Bei der Behandlung von BPS kommen oft mehrere verschiedene Psychopharmaka zum Einsatz – darunter etwa Antidepressiva und Antipsychotika. Mit dieser Praxis kam Jasmin Willinger auch während ihres Bachelorstudiums im Zuge eines Forschungspraktikums im Psychosomatischen Zentrum Eggenburg in Berührung.
Besonders fasziniert hat sie der Umstand, dass trotz des häufigen Einsatzes vieler Medikamente wenig Evidenz für deren spezifische Wirkung bei BPSSymptomen vorhanden ist. In ihrer Masterarbeit widmete sie sich daher den Zusammenhängen zwischen der Einnahme von Medikamenten und der ToM bei Betroffenen mit BPS. Als Basis nutzte Willinger die Daten von 194 Patientinnen und Patienten mit BPS, die stationär im Psychosomatischen Zentrum Eggenburg behandelt wurden. Die medikamentöse Therapie erfolgte bei ihnen vor allem mit Antidepressiva, Antipsychotika und Antiepileptika. Wie die Analysen zeigten, war die ToM umso schlechter, je mehr Medikamente die Betroffenen einnahmen. Diese Erkenntnisse lassen vermuten, dass die Behandlung mit einer Vielzahl von Medikamenten Therapieerfolge möglicherweise sogar behindern könnte. Mit ihrer Masterarbeit liefert Willinger wichtige Impulse, um die Behandlung von BPS in Zukunft weiterentwickeln zu können. Auf Basis der Ergebnisse könnte die derzeitige Therapiepraxis neu bewertet und die Suche nach Alternativen oder Ergänzungen zur aktuell gängigen Behandlung angestoßen werden. Aus weiterführenden Forschungen könnten sich Ansätze ergeben, die darauf abzielen, die Behandlung von Patientinnen und -Patienten mit BPS zu verbessern und ihre Lebensqualität zu steigern.